... Am 23.5.1949 wurde dieses verkündet und sollte eigentlich nur ein Provisorium sein, mit der Wiedervereinigung 1990 wurde es dann endgültig zur gesamtdeutschen Verfassung. Eine neue Verfassung zu entwickeln war angesichts der schnellen und unvorhersehbaren Entwicklungen in der damaligen DDR nicht möglich. Die Wahlen 1990 manifestierten das Grundgesetz als gemeinsame Rechtsgrundlage, so Rose, der als Bundestagsabgeordneter damals selbst in den Diskussionen und Entscheidungsprozessen beteiligt war. Der Referent blickte in seinem Vortrag jedoch noch einige Jahrzehnte weiterzurück, um auch die Entstehung in der Nachkriegszeit besser verstehen zu können. So entstand der Begriff bereits 1919 mit den „Staats-Grundgesetz der Republik Bayern“. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs waren es vor allem die drei Besatzungsmächte Frankreich, Großbritannien und die USA, die unter anderem den Rahemn für das Konvent 1948 auf Herrenchiemsee vorgaben. Ebenso beeinflussten sie die Wahl des künftigen Regierungsstandorts Bonn. Dort hat der Parlamentarische Rat nach dem Entwurf des Verfassungskonvents dann das Grundgesetz ausgearbeitet und verkündet.
Die Einzigartigkeit des Grundgesetzes betonte Rose besteht unter anderem darin, dass es, wie ein keiner anderen Verfassung, unabänderliche Grundrechte zu Beginn stelle. Zudem sind über die Jahre immer wieder Änderungen und Anpassungen vorgenommen worden um sich den Gegebenheiten anzupassen. In der Diskussion zeigte sich die Aktualität des Vortrags. Hierbei ging es um die Rolle des Bundesverfassungsgerichts als „Hüter des Grundgesetzes“, die Schuldenbremse und die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht. Dr. Klaus Rose appellierte an die Zuhörer, die Werte des Grundgesetzes nicht nur zu wahren sondern auch in die Zukunft weiterzutragen.
In einem zweiten Vortragsabend widmete sich der Politologe Dr. Florian Hartleb der UN-Charta der Menschenrechte. Anlass war auch hier das 75jährige Jubiläum (am 10.12.1948) dieser Grundrechte aller Menschen, den Lehren, die aus den Schrecken des ersten Weltkriegs gezogen wurden. Wie auch im Grundgesetz der BRD steht die „Menschenwürde“ unbestrtitten an erster Stelle, jedoch stellte der Referent die Frage, welche Inhalte zeitgemäß sind, wo Änderungs- und Anpassungsbedarf bestet und wie universell diese denn überhaupt seinen.
Der Kampf gegen den Terror, die Migrations-Thematik, die Kriege in der Ukraine, in Gaza sind die täglichen Herausforderungen. Mit dem technologischen Fortschritt und Künstlicher Intelligenz sind völlig neue Aspekte hinzugekommen, die eine genauere Betrachtung erfordern. Ebenso stellte Hartleb die Frage, ob ein überwiegend westlich geprägtes Regelwerk heute noch zeitgemäß ist. So erläuterete er, dass 1981 die afrikanische Charta der Menschenrechte (Betonung der Pflichten gegenüber Familen, Gesellschaft und Staat) veröffentlicht und 1990 in der Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam durch die Organisation für islamische Zusammenarbeit definiert wurden.
Wesentliche Kritikpunkte und Widersprüche sind unter anderem die Religionsfreiheit, die Gleichstellung von Mann und Frau sowie das Recht auf Meinungsfreiheit. An diesen Punkten orientierte sich dann auch die folgenden Diskussion. Während Gleichberechtigung zwar offensichtlich erscheint, so zeigt die Gender-Debatte oder die LGBTQ+-Communikty, dass es auch in westlichen Nationen noch viel Handlungsbedarf gibt. Religionsfreiheit, oder der zunehmende Einfluss von religösen Strömungen in die Politik ist ebenso kritisch zu betrachten wie die Meinungs- und Pressefreiheit in manchen westlichen Ländern. Dazu muss man gar nicht die extremen Beispiele wie das chinesische Social Credit-System heranziehen. Welche Rolle spielen zukünftig künstliche Intelligenz, aber auch bereits vereinfacht die „Blasen“ in Sozialen Medien, wie die Debatte um die Plattform tiktok zeigt.